Ergotherapie in der Gruppe (Psychomotorik)

Was ist Psychomotorik?

Die Psychomotorik betont den engen Zusammenhang von Wahrnehmen, Erleben, Bewegen und Handeln. Bewegung wird deshalb nicht allein auf den Körper bezogen betrachtet, sie bringt die Gesamtpersönlichkeit zum Ausdruck. Diese Sichtweise hat in der Ergotherapie zu einem neuen Konzept einer ganzheitlichen Selbsterfahrung und Persönlichkeitsentfaltung durch Bewegung geführt.

Durch das Lernen über die eigene Wahrnehmung und Bewegung erwerben wir zunehmend die Fähigkeit, uns

  • mit uns selbst (Körpererfahrung),
  • mit unserer gegenständlichen (Materialerfahrung) und
  • mit unserer sozialen Umwelt (Sozialerfahrung)

konstruktiv auseinanderzusetzen und entsprechend unserer individuellen Möglichkeiten zu handeln.

In der Psychomotorik gibt es weder vorgegebene oder vorgeschriebene Bewegungsnormen noch monotones Vor- und Nachmachen von Bewegungsfertigkeiten. Ohne negative Wertung können Interessierte frei und ungezwungen eigene Bewegungsund Lösungsmöglichkeiten im Rahmen vorgegebener Spiel- und Lernangebote kennenlernen.

Hierfür werden verschiedene Elemente der Bewegungspädagogik genutzt:

  • Bewegungs- und Konzentrationsspiele in der Gruppe
  • Rhythmische und musische Inhalte
  • Darstellende Spiele (Rollenspiele)
  • Sportmotorische Übungen z.B. am Trampolin
  • Einsatz von Alltagsmaterialien
  • Gruppendynamische Bewegungsspiele

Dabei sind der Spaß am Sich-Bewegen und die Freude am selbstbestimmten erfolgreichen Tun die motivierenden Triebkräfte für eine ständige Erweiterung der Erfahrung an sich selbst und mit der Welt.

Woher kommt die ergotherapeutische Behandlung der Psychomotorik?

In den 1960er Jahren entwickelte Prof. Dr. Kiphard in Hamm die psychomotorische Übungsbehandlung. Das Ziel ist, Kindern, die soziale und motorische Auffälligkeiten zeigen, zu geordneter Selbstständigkeit, zu Selbstsicherheit und zu einer harmonischen Persönlichkeitsentwicklung zu verhelfen. Die Idee der psychomotorischen Entwicklungsförderung in der Ergotherapie breitete sich rasch in Deutschland aus.

Wen spricht die Psychomotorik an?

Die Anwendung der Psychomotorik ist insbesondere für:

  • Entwicklungsverzögerte oder verhaltensauffällige Kinder
  • Kinder mit Konzentrationsproblemen
  • Kinder mit Koordinationsschwierigkeiten
  • Kinder und Jugendliche mit überängstlichem Verhalten

Warum Psychomotorik?

Das Ziel psychomotorischer Förderung ist es, über Bewegung und Spiel in der Gruppe das Vertrauen des Kindes in sich und seine physischen und psychischen Fähigkeiten zu stärken und es zum selbstständigen, lösungsorientierten Handeln anzuregen. Dies trägt dazu bei, dass sich das Kind mit sich und seiner Umwelt auseinandersetzt. Durch die Notwendigkeit, sich in eine Gruppe zu integrieren, übt das Kind seine Kommunikationsfähigkeit.

Warum die ergotherapeutische Förderung in einer Gruppe?
  • Kinder verhalten sich in einer Gruppe ungezwungener und spontaner
  • Das einzelne Kind kann in Grenzen individuell entscheiden, ob es am Geschehen teilnehmen oder nur zusehen will
  • Durch die Gruppenzusammensetzung werden passivere Kinder durch aktivere Kinder leichter motiviert und umgekehrt
  • Die Kinder werden durch das Beobachten anderer Kinder dazu animiert etwas auszuprobieren
  • Die Kinder erlernen den Umgang mit anderen Kindern (soziale Kompetenz)
  • Die Kinder lernen innerhalb der gemeinsamen Interaktion Regeln zu beachten
  • Die Kinder fühlen sich weniger kontrolliert als in einer Einzelförderung

Der Aufbau einer Psychomotorikstunde
  • Begrüßung: Mit einem immer wiederkehrenden Ritual werden die Kinder auf die kommende Stunde eingestimmt.
  • Einleitungsphase: Um den meist großen Bewegungsdrang der Kinder gerecht zu werden, beginnt für die Gruppe die Ergotherapiestunde mit einem Bewegungsspiel.
  • Hauptphase: Die Kinder beschäftigen sich mit gemeinsam aufgebauten Spielgeräten. Dabei trainieren sie, sich mit anderen Kindern abzusprechen, zu planen und zu bauen. Hier erfahren die Kinder einzeln oder in der Gruppe Erfolgserlebnisse, die sie in ihrer weiteren Entwicklung unterstützen.
  • Abschlussphase: Mit einem Entspannungsspiel werden die Kinder von ihrem emotionsgeladenen Tun in die »Wirklichkeit « zurückgeholt.
  • Verabschiedung: Mit einem Schlussritual werden die Kinder verabschiedet.

Die Aufgaben der Pädagogen
  • Sie beobachten und lenken das Spiel der Kinder.
  • Sie unterstützen die Gruppe, wenn deren Spiel erlahmt.
  • Sie ziehen sich in den Hintergrund zurück, wenn die Gruppe selbst aktiv wird.
  • Sie helfen den Kindern beim Bewusstmachen ihrer Erfolge und leisten gezielte Unterstützung bei Misserfolgen.
  • Sie sind Ansprechpartner für die Kinder.
  • Sie lenken das Geschehen, wenn ein Kind langanhaltend stört oder sich der Gruppe verweigert.

Wie sind die Eltern mit einbezogen?
  • Bei Kleinkindern bis zu drei Jahren sind die Eltern während der Stunde Bezugspersonen und Spielkameraden. Durch gemeinsame Bewegungsspiele verfestigt sich die Beziehung zwischen Eltern und Kind.
  • Bei größeren Kindern nehmen die Eltern nach Absprache in unregelmäßigen Abständen an der Psychomotorikstunde teil.
  • In unserer Praxis besteht bei Bedarf die Möglichkeit eines Elterngespräches.

Meine Mitarbeiter und ich sind gleichermaßen qualifiziert, die Psychomotorikgruppe zu leiten. Wir arbeiten nach dem Wechselprinzip:

Je nach Gruppengröße leiten ein bis zwei Therapeuten die Psychomotorikgruppe. Der Wechsel der Therapeuten ist beabsichtigt und fördert die Bereitschaft der Kinder, sich auf Veränderungen einzustellen.