Experientielle Reittherapie

Reiten ist nicht nur Sport und Hobby. Reiten kann auch Therapie sein. Das „Therapiemedium“ Pferd ist kein Arbeitsgerät, sondern ein naturnahes, soziales Lebewesen mit eigenen Ausdrucksmöglichkeiten und Bedürfnissen.

Bei der Reittherapie steht der Umgang mit dem Pferd und das “partnerschaftliche” Reiten im Vordergrund.

In der experientiellen (erlebnis-orientierten) Reittherapie ist das Finden dieses Gleichgewichts ein wesentlicher Bestandteil des Therapie­konzeptes und setzt an verschiedenen Punkten an, zum Beispiel durch Hinspüren und genaues Wahrnehmen. Es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen zwischen Mensch und Tier. Das Pferd trägt und erträgt den Menschen in all seinen Facetten.

Die Tiere gehen ohne Vorurteile auf Personen zu, spiegeln jedoch das eigene Verhalten wieder, es entsteht eine Kommunikation ohne Worte. Das Pferd erlaubt und genießt Körperkontakt. Es ist in der Lage Stimmungen zu erkennen und darauf einzugehen.

Was ist Experientielle Reittherapie?

Die Abgrenzung zu den herkömmlichen Reittherapien liegt im Wesentlichen in Experientiellen Ausrichtung des Therapieverfahrens.

Experientell bedeutet erlebnisorientiert und es basiert auf dem Focousingansatz von Prof. Eugen Gendlin. Er hat diese Methode im Rahmen seiner Psychotherapieforschung entwickelt. Sie ist mittlerweile ein weltweit anerkanntes Verfahren.

Focusing bedeutet:

  • mit sich selbst in Beziehung zu treten
  • auf sich zu hören
  • sich auf die unbewusste/vorbewusste Seite des Erlebens als eine  körperliche Qualität (“gefühlte Bedeutung”) direkt zu beziehen
  • das Gefühl für Richtig und Falsch zu entwickeln und ernst zu nehmen
Ziele der Experientiellen Reittherapie

Experientielle Reittherapie ist immer eine ganzheitliche Förderung. Das heißt auf körperlicher, geistiger, emotionaler und sozialer Ebene.

Bereits das Tier zu putzen oder es von der Weide holen (also der Umgang mit dem Pferd) erfordert viele Bewegungen/Bewegungsabläufe, die sich positiv auf Störungen/Störungsbilder im motorischen Bereich auswirken und/oder vermeiden helfen. Durch den engen Kontakt zu dem Pferd können vielseitige soziale und emotionale Erfahrungen gesammelt werden.

Einem anderen Lebewesen den eigenen Willen ohne Worte mitzuteilen, ist eine Herausforderung auf psychischer und physischer Ebene. Wenn das Pferd auf das vom Mensch gesetzte Signal richtig reagiert, ist das Erfolgserlebnis sicher.

Pferde haben durch ihre Lebendigkeit, Größe und Wärme einen starken Aufforderungscharakter und so werden auch therapiemüde Kinder angesprochen.
Mögliche Ziele können sein:

Motorischer Bereich

  • Tonusregulation (der Muskeltonus des Pferdes kann den Muskeltonus des Menschen normalisieren)
  • Schulung von Gleichgewicht
  • Durch die dreidimensionalen Schwingungen auf dem Pferd werden Muskeln aufgebaut, Haltungsschwächen verbessert, Haltungsschäden vorgebeugt
  • Spannungen im Körper können gelöst werden (Wärme des Pferdes lockert die Muskulatur)
  • Stärkung des Körperbewusstseins
  • Koordination verbessern

Kognitiver Bereich

  • Steigerung von Konzentrationsfähigkeit
  • Steigerung der Reaktionsfähigkeit
  • Wahrnehmungsschulung
  • Stimulation aller Sinnesbereiche

sozial und emotionaler Bereich

  • Stärkung des Selbstvertrauens/Selbstwertgefühls
  • Reduktion von Stress
  • Anerkennen und Einhalten von Regeln
  • Aufbauen von Verantwortungsbewusstsein
  • Verbesserung der Kontaktfähigkeit
  • Persönlichkeitsbildung
Klientel

Diese Therapieform ist ein handlungsorientiertes Konzept v.a. mit und auf dem Pferd.

Angesprochen sind Kinder und Jugendliche mit psychischen und körperlichen Entwicklungsschwierigkeiten und/oder Verhaltensauffälligkeiten.

Wie beispielsweise:

–  Haltungsstörungen (Gleichgewicht, Körperspannung)
–  ADS/ADHS
–  Konzentrationsschwierigkeiten
–  traumatisierte Kinder
–  soziale Beeinträchtigung (wie z.B. Anpassungsschwierigkeiten, schwaches Selbstvertrauen, mangelnde soziale Einordnung, Kontaktstörungen)

Meine Pferde

Meine drei Pferde leben in Offenstallhaltung. Diese Haltung bietet den Pferden ein möglichst artgerechtes Leben.
Die zudem großzügige Koppel unterstützt die Ausgeglichenheit der Pferde und dient zum Reiten. Alle Pferde sind sorgfältig ausgebildet und zuverlässige Partner. 

Puk: ist ein irischer Tinker, geboren am 30. Mai 2001.

Liebe Kinder, ich sehe ein bisschen aus wie das Pferd von der Pippi Langstrumpf und bin der älteste im Stall. Mein Halbbruder ist der Frederick, wir haben die gleiche Mama.

Ich bin sehr sensibel und verlässlich. Beim Putzen bleibe ich friedlich stehen und du kannst mich ohne Sattel reiten.

Frederick: ist ein irischer Tinker und ist am 02. April 2003 geboren.

Liebe Kinder, ich bin der „Chef“ im Stall.

Ich spüre sehr genau, wenn du noch unsicher bist und kann dann sehr geduldig mit dir sein. Ich lerne und probiere gern Neues aus und bin darin sehr geschickt.

Du musst mich beim Putzen noch nicht mal anbinden, ich bleibe auch so ruhig stehen.

Rowana ist ein Friesen-Tinker-Mix, geboren am 10. April 2003.

Ich bin die „Lady“ im Stall und liebe es mit den Anderen auf der Koppel zu toben. Ich passe genau auf, was um mich herum passiert und mache dich auf Fehler schnell aufmerksam. Dabei kann ich sehr willensstark und sensibel sein und du kannst von mir viel lernen.

Was kostet Therapeutisches Reiten?

Die Preise orientieren sich an der Länge und der Zielsetzung der Einheiten und gestalten sich folgendermaßen:

Einzeltherapie     60 Minuten     60,00 Euro
Einzeltherapie     45 Minuten     45,00 Euro
Einzeltherapie     30 Minuten     30,00 Euro
Zweiertherapie     60 Minuten     30,00 Euro pro Person
Wer bezahlt Therapeutisches Reiten?

Grundsätzlich ist das Therapeutische Reiten eine freiwillige Leistung der Kostenträger. Je nach Zielsetzung der Maßnahme können Sie sich jedoch an das Sozialamt (im Rahmen der Wiedereingliederungshilfe) oder das Jugendamt (Hilfe zur Erziehung) mit der Bitte um Kostenübernahme wenden.

Diesem Antrag sollte möglichst eine ärztliche Verordnung oder eine Stellungnahme von therapeutischer oder pädagogischer Seite beigefügt sein, in der die Zielsetzung, die Methode und der Ausblick der Maßnahme deutlich werden.

Der Verweis auf folgende Gesetze könnte hilfreich sein:

  • Im Rahmen von flexiblen Hilfen, § 27 ff
  • Seelische Behinderung, § 35 a
  • Hilfe für junge Erwachsene nach § 41
  • Leistungen nach § 39 und 72 BSHG